Human Integrated Manufacturing


In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Prozesse in der Industrie immer mehr automatisiert. Aufgaben bzw. Fertigungen, die bislang von Menschen durchgeführt wurden, können heutzutage oft teilweise oder sogar vollständig durch computergesteuerte Systeme oder Roboter erledigt werden. Doch die vollständige Automatisierung in der Produktion lässt sich ohne die Hilfe des Menschen auch im Jahr 2021 noch nicht stemmen.

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Welche Rolle spielen Menschen im Human Integrated Manufacturing Prozess?

Es mag paradox klingen, doch nach wie vor spielt der Mensch die wichtigste Rolle im Rahmen einer vernetzten Produktion - denn digitale Lösungen können den Menschen nur unterstützen, ihn aber keinesfalls vollständig ersetzen.

Human Integrated Manufacturing beschreibt somit die Integration des Menschen in computergesteuerte Abläufe. Es ist noch nicht viele Jahre her, da war die Prozessautomatisierung, die heute vor allem in Branchen wie der Automobilindustrie selbstverständlich ist - hauptsächlich eine manuelle Tätigkeit eines Mitarbeiters. Damals plante man, die gesamte Produktion mit nur einem einzigen Fertigungsleitrechner zu überwachen, was in der Praxis allerdings nicht durchgesetzt werden konnte. Denn eine Maschine arbeitet nie auf sich alleine gestellt, sondern immer auf Grundlage von Algorithmen oder der Anweisung eines Menschen.

Die "Fehlertoleranz" eines Mitarbeiters ist somit unverzichtbar, damit unerwartete Fälle korrekt behandelt und Probleme gelöst werden können.

Man begann, zunächst die Produktion kleiner Elemente, wie zum Beispiel die Herstellung von Tabletten oder Zigaretten durch automatische Systeme zu ersetzen. Diese Produktionsprozesse lassen sich relativ einfach automatisieren, doch auch ein moderner Computer kann im 21. Jahrhundert noch an seine Grenzen stoßen, wenn ein Werkzeug einmal zu Bruch geht oder plötzlich keine Rohstoffe mehr vorhanden sind. Hier kann nur ein Mensch sofort und richtig eingreifen, damit die Produktion fehlerfrei fortgesetzt werden kann und kein längerer Ausfall droht. Somit zeigt sich, dass es auch in Zeiten von Human Integrated Manufacturing nicht möglich ist, vollständig auf den Menschen zu verzichten.

Doch es gibt noch weitere Szenarien in der Industrie, in denen noch immer nicht auf den Menschen verzichtet werden kann: Werden unterschiedliche Stückzahlen eines Produkts geordert, gelangt der Automatismus ebenfalls an seine Grenzen.

Es gibt viele Kunden, die individuelle Produkte zu den unterschiedlichsten Zeiten bestellen - manchmal häufiger, manchmal seltener. Ein vollautomatisches System würde die Produktion hier deutlich verteuern, da für jede einzelne Variante eines Produkts eine kleine Menge produziert werden müsste.

Solange der Mensch noch Teil der Produktion ist, stellt die individuelle Fertigung kein Problem dar.

Das erscheint auf den ersten Blick unlogisch, da die Prozessautomatisierung schließlich langfristig zur Senkung der Produktionskosten beitragen und den Menschen weitestgehend ersetzen soll. Trotzdem ist der Faktor Mensch auf der anderen Seite auch heute noch sehr wichtig für eine erfolgreiche Produktion - und das mit steigender Tendenz.

Es zeigt sich immer noch, dass menschliche Unterstützung für die Anfertigung von Einzelstücken unverzichtbar ist. So lassen beispielsweise einige große Hersteller von Sportbekleidung inzwischen Sonderanfertigungen von Schuhen oder Kleidungsstücken zu, die der Kunde online nach seinen Wünschen gestalten kann. Auch hier zeigt sich, dass Human Integrated Manufacturing zwingend auf die Unterstützung des Menschen angewiesen ist.

So wichtig ist die Intelligenz des Menschen

Gerade in großen Konzernen, wie zum Beispiel in der Automobil- oder Pharmaindustrie, kommen Roboter mittlerweile standardmäßig zum Einsatz. Sie führen immer wiederkehrende, identische Arbeitsabläufe aus, die sich qualitativ nicht von der eines Menschen unterscheiden.

Hier zeigen sich die Stärken von Computern und Maschinen. Ein weiteres Beispiel sind teil- oder voll digitalisierte Einheiten, die auch als Cyber-Physical Production Systems - kurz genannt CPPS - bezeichnet werden. Sie ermöglichen Maschinen, miteinander zu kommunizieren. Kommt es beispielsweise zu einer Störung, kann eine andere Maschine darüber informiert und so gestoppt werden.

Die menschliche Intelligenz ist bei Produktionsabläufen vor allem dann wichtig, wenn eine unvorhergesehen Situation eintritt. Denn Mitarbeiter sind die wichtigste Schnittstelle zwischen den Maschinen und den digitalen Systemen - sie benötigen korrekte Daten, um diese zu steuern und werden entsprechend ausgebildet. In der Zukunft wird allerdings damit gerechnet, dass die Ausbildungsqualität sich deutlich verändern wird, damit der Mensch als Schnittstelle zwischen den komplexen digitalen Systemen mithalten kann. Ein Mitarbeiter muss den gesamten Überblick haben und die Konsequenzen der ausgeführten Prozesse selbstständig abschätzen können. So entscheidet der Mitarbeiter beispielsweise, in welchen Fällen ein bestimmter Auftrag vorgezogen werden kann oder ob ein Arbeitsschritt verlangsamt werden muss, um eine kurze Wartung vorzunehmen.

Verfügt ein Mitarbeiter nicht über entsprechende Qualifikationen, kann die Komplexität der digitalen Abläufe problematisch werden. Somit zeigt sich, dass ein Mitarbeiter immer mehr zu einer Art Datenmanager wird. Wer sich für einen Berufsweg als Maschinentechniker oder -führer entscheidet, muss damit rechnen, künftig weitere Ausbildungen zu durchlaufen, um sich für eine entsprechende Tätigkeit in der Industrie zu qualifizieren.

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Die Aufbereitung von Daten ist nicht immer einfach

Wie erfolgreich Mensch und Maschinen miteinander kooperieren können, hängt natürlich auch davon ab, wie umfassend die Daten zur Verfügung gestellt werden. Dabei spielt es erst einmal keine Rolle, ob diese aus einem MES oder aus einem ERP-System stammen - der Mitarbeiter muss nur darauf Zugriff haben. Es kann durchaus auch der Fall sein, dass in einigen Jahren nicht mehr klassische Terminals und Tablets zum Einsatz kommen, sondern man stattdessen mit VR-Brillen arbeitet.

Erste Prototypen sind in wenigen Unternehmen bereits im Einsatz. Eine weitaus größere Rolle als die Hardware spielt allerdings die Software, denn erst diese kann dem Mitarbeiter die erforderlichen Informationen übermitteln und anzeigen, wenn das Material einmal knapp wird oder eine Wartung nötig ist.

Die Software ist immer die wichtigste Schnittstelle, über welche der Mitarbeiter die Informationen in den Produktionsprozess übermittelt, so dass Maschinen ohne Probleme arbeiten können.

Verkettung in Verbindung mit Montagetechnik

In der Montagetechnik ist Human Integrated Manufacturing ein wichtiges Thema, wenn es um Effizienzsteigerung geht. Der Einsatz von Robotik ist in vielen Branchen selbstverständlich geworden. Ein gutes Beispiel für die Montagetechnik ist die Möbelindustrie: So automatisieren viele Unternehmen nach und nach mehrere Schritte, um ein Möbelstück vollautomatisch zu produzieren. Insbesondere Tätigkeiten, die für den Menschen körperlich besonders herausfordernd sind, kann ein Computer bzw. Roboter einfacher erledigen.

Der Mitarbeiter spielt dabei dennoch eine wichtige Rolle: Er kann zum Beispiel im Vorfeld die Beschläge anbringen, damit der Roboter Material nach oben heben und darauf setzen kann. Automatische Schrauber und andere Werkzeuge lassen sich heutzutage vollautomatisch bedienen. Schwer zu erreichende Teile müssen nicht mehr vom Mitarbeiter befestigt werden, sondern lassen sich mittels Roboterarm montieren - dies kann den Zeit- und Arbeitsaufwand nachhaltig verringern und so eine deutliche Effizienzsteigerung mit sich bringen.

Ändert sich die Bauweise der Konstruktion, kann ein Roboter umgehend darauf reagieren und seine Tätigkeit anpassen. Werden zum Beispiel Beschläge ausgetauscht, kann das System entsprechend angepasst werden. Eine vom Menschen unterstützte Automation in der Montagetechnik erlaubt eine Montage mit maximaler Effizienz. Auch hier können immer gleiche Bewegungsabläufe problemlos von einer Maschine ersetzt werden, um zum Beispiel Holzstücke aneinander zu befestigen oder um Werkstücke zu transportieren.

Fazit

Human Integrated Manufacturing zeigt, wie wichtig die Rolle des Menschen in der Produktion auch noch im 21. Jahrhundert ist. Zwar lassen sich zahlreiche Prozesse bereits durch Computer und Roboter ausführen und steuern, jedoch bleiben die Kontrolle und das Eingreifen durch den Menschen in vielen Bereichen unabdingbar. So muss die fortschreitende Digitalisierung keinesfalls zum Verlust eines Arbeitsplatzes führen, sondern kann die Tätigkeiten für einen Mitarbeiter im besten Fall deutlich erleichtern. Wer sich zudem stetig fortbildet, hat die besten Möglichkeiten, mit den Entwicklungen in der Digitalisierung Schritt zu halten und auch immer wieder neue berufliche Chancen wahrzunehmen.